Geschichte des Deichwesens
Die ältesten urkundlich belegten Bestimmungen und Verordnungen des Niederrheins gehen auf das 13. Jahrhundert zurück. Eindeichungen waren bis Mitte des 18. Jahrhunderts örtlich begrenzte Maßnahmen, bei denen sich die von Hochwasser betroffene Bevölkerung zum Eigenschutz zu Deichverbänden zusammenschlossen.
Es entwickelten sich nur langsam, durch die Verbindung mehrerer Polder, allmählich Erhöhungen der Deiche und die ersten Banndeichpolder wurden geschlossen. Aber es kam immer wieder zu Überflutungen, teils aus technischer Unkenntnis, teils aber auch durch organisatorische Unzulänglichkeiten der verschiedenen Deichverbände. Aus vorgenannten Gründen organisierte der preußische Staat vor rund 200 Jahren das Deichwesen einheitlich.
Mit dem Clever Deichreglement vom 24.02.1767 hat Friedrich II die öffentlich-rechtliche Grundlage für Deichanlagen geschaffen, die bis in unser Jahrhundert ihre Gültigkeit behielt.
Das verheerende Eishochwasser von 1784 in Köln stellte mit 118 Deichbrüchen das Deichwesen in Frage. 14 Städte und 18 Dörfer standen unter Wasser. Aber ohne Deich hätte der Niederrhein aufgegeben werden müssen, also begann eine staatliche Förderung des Deichbaus.
Die Deiche verfielen mit dem Niedergang des preußischen Staates 1806 und es kam erneut zu zahlreichen Deichbrüchen bei Hochwasser. Die preußische Regierung nahm das Hochwasser von 1876 zum Anlass im Jahre 1877 den königlichen Wasserbaumeister Gravenstein aus Magdeburg zum Meliorationsbaubeamten in Düsseldorf und zum Oberdeichinspektor zu ernennen.
Seit dieser Zeit beriet das Wasserwirtschaftsamt- bzw. das Staatliche Umweltamt – bis zur Abschaffung im Jahre 2007 – die Deichverbände in ihrer Aufgabenerfüllung. Seit 1926 ist der Niederrhein von Deichbrüchen nicht mehr betroffen. Der Hochwasserschutz am Niederrhein ist also von alters her keine staatliche Aufgabe, sondern obliegt den Deichverbänden und zum Teil den Städten.
Auszug aus den Bauvorschriften nach dem klevischen Deich-Reglement von 1767
§ 16
Es sollen alle Bann-Deiche auf eine egale Höhe gebracht werden; nemlich wenigstens einen Rheinländlichen Fuß höher, als das höchste Wasser je gewesen ist.
§ 20
Um Veränderungen genau zu bemerken, ist es nöthig, das bey jedem hohen Wasser, wenn dasselbe am höchsten gestiegen ist, und wiederum zu fallen anfänget. In verschiedenen Gegenden eines jeden Deiches, Pfähle eingeschlagen werden, welche die Höhe des Wassers anweisen, damit hiernach die nöthige Höhe, welche ein jeder Deich, vorgeschriebener massen, haben muß, eingerichtet werden können; als worauf ganz genau Achtung gegeben werden muß, daß die Deiche allzeit einen Rheinländischen Fuß Höhe, über das höchste Wasser, behalten.
§ 21
Die Breite derer Deiche auf der Krone, muß nach der Beschaffenheit des Deiches, und derer vorkommenden Umstände proportioniret, und wenigstens 12 Rheinländische Fuß seyn.
§ 22
.. diejenigen Deiche aber, welche von schlechter mit Sand vermengter Erde angelegt werden müsse, sollen, nach der Beschaffenheit ihrer Höhe und Lage, breiter angelegt werden; alles nach Gutfinden des Deich-Stuhls.
§ 24
Die Krone der Deiche soll, nach der inwendigen Seite zu, einen Fuß höher gemacht werden, als nach der auswendigen Seite, damit das Wasser welches, durch Regen oder Wellenschlag, auf den Deich kommet, wieder abfließen, und der Deich desto geschwinder austrocknen könne.
§ 25
Die Deiche sollen auf der Krone 1 Fuß hoch mit Gründ, oder in Ermangelung dessen, mit Sand befahren werden, wo nemlich Land-Strassen oder Fahr-Wege über dieselben gehen; wo aber keine Wege über dieselbe gehen, sollen sie mit der besten Kley-Erde befahren werden.